Dienstag, 17. Oktober 2017

DIE WICHTIGSTE ERKENNTNIS, TEIL B


Wenn die Vasektomie derart grosse Risiken birgt, warum wird sie eigentlich in der Öffentlichkeit für derart problemlos gehalten? Denn eine Operation, bei der jeder siebte Patient schwerwiegende Schäden davonträgt, sei es ‹nur› für einige Monate, sei es eben leider ein Leben lang, mag in Ordnung sein, wenn es um Krebs geht oder um einen Eingriff, der sonst irgendwie Leben retten kann. Aber bei einem freiwilligen Eingriff, der bloss helfen soll, keine Kinder (mehr) zu bekommen, und der trotzdem so schädlich sein kann, muss doch einfach die Einsicht durchdringen, dass hier besser drei Mal darüber nachgedacht wird, bevor man sich zu diesem Schnitt entscheidet.
Das aber ist das Problem, das ich zuerst auch nicht wahrhaben wollte, weil es zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt. Es gibt eine starke Interessentengruppe, die nicht möchte, dass man genau weiss, welche schlimme Folgen eine Vasektomie haben kann. Und wie immer ist es ganz simpel: Auch hier steht ein monetäres Interesse im Vordergrund – es geht also schlicht um Geld.
Einerseits, hier etwas weniger das Thema, aber es soll doch erwähnt werden, um das der Pharmaindustrie. Sie fürchtet durch die Einführung der Pille für den Mann oder durch andere Methoden, die weniger kosten würden als die Pille für die Frau, die ein Verkaufshit ist, um ihre Einnahmequellen (siehe dazu unter anderem hier: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/pille-fuer-den-mann-eberhard-nieschlag-ueber-verhuetung-beim-sex-a-876317.html). Deswegen tut sie auch nichts dafür, sich gegen Vasektomien (was sich sowieso verhältnismässig wenig Männer antun) und damit für neue Verhütungsmittel für den Mann einzusetzen. In unserem Themenbereich aber liegt vor allem ein anderes Interessensgebiet: das der Urologen.
Urologen verdienen, zumindest in der Schweiz, bei einer Vasektomie sehr gut. Im Schnitt berechnen Sie dafür 1000 Franken oder sogar etwas mehr. Die Operation selbst dauert meist um die 20 Minuten. Das zeigt, dass dies – selbst für Ärzte – überdurchschnittlich lukrativ ist. Zudem gilt der Eingriff für den Arzt als einfach.
Natürlich kann man nun einwenden, zu dem Preis von 1000 Franken gehöre meist auch die Vorinformation und die Nachkontrolle. Aber bei der Geschichte, die ich erfahren musste (siehe dazu den MAE; allererster Eintrag vom 03.09.2017), dauerte das Voraufklärungsgespräch knappe zehn Minuten, erklärt wurde eigentlich nichts, sondern nur die Methode gelobt, der Sex sei besser als vorher, und auf eine Untersuchung danach wollte der betreffende Urologe sogar verzichten, die sei ja nicht unbedingt nötig.
Ebenso natürlich wissen die Urologen selbst, dass die Operation eigentlich furchtbar schiefgehen kann, es steht ja in den Praxislehrbüchern (siehe erster Eintrag vom 13.10.2017). Aber das ist kein Hinderungsgrund für sie, im Gegenteil: Geht etwas gründlich schief, gehört die ganze Nachbehandlung nicht mehr zum Gesamtpaket, das sie einem zuvor so vollmundig verkaufen. Dieses Gesamtpaket ist spätestens mit der einen Nachkontrolle (oder bei ganz skrupellosen Ärzten wie gesagt mit dem Eingriff) abgeschlossen. Alles danach verschafft ihnen weitere lukrative Konsultationen.
Beweise dafür, dass da eine ganze Interessegruppe hinter der schlechten Informationspolitik steht, gibt es:
-       Zum einen kann man sich die Webseiten diverser Urologen ansehen, wo kaum etwas über all die möglichen Probleme steht (siehe dazu auch den zweiten Eintrag dieses Blogs vom 23.09.2017).
-       Dann schaue man sich einmal die Vertragsblätter an, die man vor dem Eingriff unterschreiben muss, damit der Urologe sich bei Problemen darauf beziehen kann und etwas in der Hand hat, das sagt, der Patient sei ja mit dem Eingriff einverstanden gewesen. Mir liegt jenes des MAE (siehe oben) vor, wo es an möglichen Problemen EINZIG heisst: «Das Risiko einer chirurgischen Komplikation ist sehr klein. Ausnahmsweise kann eine ausgeprägte Nachblutung zu einer Blutansammlung im Hodensack führen. Dabei kann es nötig werden, einen stationären Eingriff zur Entleerung der Blutgerinnsel vorzunehmen.» – Das ist alles! Schreit das nicht danach, dass hier vieles einfach verleugnet wird?
-       Dass dies eben nicht nur bei diesem Arzt so ist, bestätigt eine Mail ebendieses Arztes an den MAE (siehe oben) nach dem Eingriff und dem Eintreten des Postvasektomieschmerzsyndroms beim MAE, wo er verteidigend schreibt: «Das ‹Postvasektomiesyndrom› [in Anführungszeichen und ohne SCHMERZ!] figuriert nicht auf dem schriftlichen Aufklärungsprotokoll der Universitätsklinik.» Der Arzt kann sich also von der Verantwortung befreien, weil das zuständige Universitätsspital den Urologen nicht vorschreibt, dass sie über dieses Schmerzsyndrom aufklären müssen. Wenn auf dem Vertragsblatt (siehe zweiter Punkt oben) auch alle anderen möglichen Folgeschäden fehlen, darf man annehmen, dass die Urologen laut Gesetz auch darüber nicht aufklären müssen!
-       Beim vierten Punkt muss man mir und dem MAE (siehe oben) einfach glauben. Er war zur Nachbehandlung bei einem anderen Urologen. Drei Mal. Und jedes Mal habe dieser Urologe etwas anderes gesagt die Zahlen zum Postvasektomieschmerzsyndrom betreffend. Das erste Mal habe er gesagt, bei ihm hätten vier Prozent der Patienten dieses Problem, bei zwei Prozent lege es sich nach einigen Monaten, ein Prozent davon greife zu Folgeoperationen, das andere Prozent lebe einfach damit. Das zweite Mal sagte er, bei ihm hätte noch nie jemand so ein Syndrom gehabt. Das dritte Mal sagte er, er habe sich weiterbilden lassen in der Denervierungstechnik (= Nerven durchtrennen, damit man den Schmerz nicht mehr spüren soll; gelingt öfter nicht), damit er seinen Patienten, die dieses Syndrom nach einer Vasektomie bei ihm entwickelten, etwas anbieten könne.
-       Der Urologe, der in diesem Beitrag von SRF (Schweizer Fernsehen; hier: https://www.srf.ch/play/tv/puls/video/vasektomie---nicht-immer-so-harmlos-wie-versprochen?id=866b9a06-7cb0-4c86-9aa2-529792afcb3f) quasi offiziell (weil öffentlich) sagt, er habe noch keinen Fall gehabt, der gross Schmerzen gehabt habe, hat dem MAE (siehe oben) gesagt (da muss man ihm und mir auch einfach wieder glauben, aber immerhin gibt es in dieser Aufzählung ja auch vier belegbare Punkte), sie hätten bei sich in der Klinik je nach Jahr vier bis 13 Prozent der Vasektomierten, die ein Schmerzsyndrom entwickeln würden. Welches Mal hat er wohl eher die Wahrheit gesagt (ausser er hätte es wirklich verschieden im Kopf gehabt …)?
-       In den EUROPÄISCHEN UROLOGIERICHTLINIEN heisst es, 1 bis zu 14 Prozent der Männer entwickelten eine Schmerzsymptomatik. Warum weist in der Schweiz keine offizielle Stelle darauf hin (siehe dazu wieder: https://www.srf.ch/play/tv/puls/video/vasektomie---nicht-immer-so-harmlos-wie-versprochen?id=866b9a06-7cb0-4c86-9aa2-529792afcb3f)?
Nicht direkt von Urologen verursacht, denke ich, aber trotzdem ein seltsames Phänomen ist es, wenn bei Wikipedia bereits am 11. September 2008 über die meisten schlimmen möglichen Folgen einer Vasektomie geschrieben worden wäre (siehe:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vasektomie&diff=prev&oldid=49398444), der ganze Teil aber von einem Metabenutzer gelöscht wurde, da er ihn «meines Erachtens klar überzogen» (siehe: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vasektomie&diff=next&oldid=49398444) fand. Was wiederum eine Folge der schlechten allgemeinen Aufklärung der Bevölkerung über diesen Eingriff ist.

Alles in allem könnte es gut sein, dass Vasektomien heute das sind, was früher bei Frauen die Hysterektomien waren: Wenn früher die Gebärmütter von Frauen viel zu oft und viel zu früh operativ entfernt wurden, was, wie man heute weiss, oft des guten Geldes wegen geschah, das man damit verdiente, sind es heute die Männer, die herhalten müssen, indem man ihnen eine Operation als klein und leicht schmackhaft macht, die enorme Folgen haben kann. Es sollte für die Männer langsam der Slogan kommen, der für die Frauen schon länger gilt: MEIN KÖRPER GEHÖRT MIR! Wir fordern gerechte und lückenlose Aufklärung darüber, was bei und nach einer Vasektomie alles geschehen kann.

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Nein, ich will nicht alles auf die Frauen schieben. Auch die Männer können einmal ihren Teil zur Verhütung beitragen. Und erst recht möchte...

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