Wenn die Vasektomie
derart grosse Risiken birgt, warum wird sie eigentlich in der Öffentlichkeit für
derart problemlos gehalten? Denn eine Operation, bei der jeder siebte Patient
schwerwiegende Schäden davonträgt, sei es ‹nur› für einige Monate, sei es eben
leider ein Leben lang, mag in Ordnung sein, wenn es um Krebs geht oder um einen
Eingriff, der sonst irgendwie Leben retten kann. Aber bei einem freiwilligen
Eingriff, der bloss helfen soll, keine Kinder (mehr) zu bekommen, und der
trotzdem so schädlich sein kann, muss doch einfach die Einsicht durchdringen,
dass hier besser drei Mal darüber nachgedacht wird, bevor man sich zu diesem
Schnitt entscheidet.
Das
aber ist das Problem, das ich zuerst
auch nicht wahrhaben wollte, weil es zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt. Es
gibt eine starke Interessentengruppe, die nicht möchte, dass man genau weiss,
welche schlimme Folgen eine Vasektomie haben kann. Und wie immer ist es ganz
simpel: Auch hier steht ein monetäres Interesse im Vordergrund – es geht also schlicht
um Geld.
Einerseits,
hier etwas weniger das Thema, aber es soll doch erwähnt werden, um das der
Pharmaindustrie. Sie fürchtet durch die Einführung der Pille für den Mann oder durch
andere Methoden, die weniger kosten würden als die Pille für die Frau, die ein
Verkaufshit ist, um ihre Einnahmequellen (siehe dazu unter anderem hier: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/pille-fuer-den-mann-eberhard-nieschlag-ueber-verhuetung-beim-sex-a-876317.html).
Deswegen tut sie auch nichts dafür, sich gegen Vasektomien (was sich sowieso
verhältnismässig wenig Männer antun) und damit für neue Verhütungsmittel für
den Mann einzusetzen. In unserem Themenbereich aber liegt vor allem ein anderes
Interessensgebiet: das der Urologen.
Urologen
verdienen, zumindest in der Schweiz, bei einer Vasektomie sehr gut. Im Schnitt
berechnen Sie dafür 1000 Franken oder sogar etwas mehr. Die Operation selbst
dauert meist um die 20 Minuten. Das zeigt, dass dies – selbst für Ärzte –
überdurchschnittlich lukrativ ist. Zudem gilt der Eingriff für den Arzt als
einfach.
Natürlich
kann man nun einwenden, zu dem Preis von 1000 Franken gehöre meist auch die
Vorinformation und die Nachkontrolle. Aber bei der Geschichte, die ich erfahren
musste (siehe dazu den MAE; allererster Eintrag vom 03.09.2017), dauerte das Voraufklärungsgespräch
knappe zehn Minuten, erklärt wurde eigentlich nichts, sondern nur die Methode
gelobt, der Sex sei besser als vorher, und auf eine Untersuchung danach wollte
der betreffende Urologe sogar verzichten, die sei ja nicht unbedingt nötig.
Ebenso
natürlich wissen die Urologen selbst, dass die Operation eigentlich furchtbar
schiefgehen kann, es steht ja in den Praxislehrbüchern (siehe erster Eintrag
vom 13.10.2017). Aber das ist kein Hinderungsgrund für sie, im Gegenteil: Geht
etwas gründlich schief, gehört die ganze Nachbehandlung nicht mehr zum
Gesamtpaket, das sie einem zuvor so vollmundig verkaufen. Dieses Gesamtpaket
ist spätestens mit der einen Nachkontrolle (oder bei ganz skrupellosen Ärzten
wie gesagt mit dem Eingriff) abgeschlossen. Alles danach verschafft ihnen
weitere lukrative Konsultationen.
Beweise
dafür, dass da eine ganze Interessegruppe hinter der schlechten
Informationspolitik steht, gibt es:
-
Zum einen kann man sich die Webseiten diverser
Urologen ansehen, wo kaum etwas über all die möglichen Probleme steht (siehe
dazu auch den zweiten Eintrag dieses Blogs vom 23.09.2017).
-
Dann schaue man sich einmal die Vertragsblätter an,
die man vor dem Eingriff unterschreiben muss, damit der Urologe sich bei
Problemen darauf beziehen kann und etwas in der Hand hat, das sagt, der Patient
sei ja mit dem Eingriff einverstanden gewesen. Mir liegt jenes des MAE (siehe
oben) vor, wo es an möglichen Problemen EINZIG heisst: «Das Risiko einer
chirurgischen Komplikation ist sehr klein. Ausnahmsweise kann eine ausgeprägte
Nachblutung zu einer Blutansammlung im Hodensack führen. Dabei kann es nötig
werden, einen stationären Eingriff zur Entleerung der Blutgerinnsel vorzunehmen.»
– Das ist alles! Schreit das nicht danach, dass hier vieles einfach verleugnet
wird?
-
Dass dies eben nicht nur bei diesem Arzt so ist,
bestätigt eine Mail ebendieses Arztes an den MAE (siehe oben) nach dem Eingriff
und dem Eintreten des Postvasektomieschmerzsyndroms beim MAE, wo er
verteidigend schreibt: «Das ‹Postvasektomiesyndrom› [in Anführungszeichen und
ohne SCHMERZ!] figuriert nicht auf dem schriftlichen Aufklärungsprotokoll der
Universitätsklinik.» Der Arzt kann sich also von der Verantwortung befreien,
weil das zuständige Universitätsspital den Urologen nicht vorschreibt, dass sie
über dieses Schmerzsyndrom aufklären müssen. Wenn auf dem Vertragsblatt (siehe
zweiter Punkt oben) auch alle anderen möglichen Folgeschäden fehlen, darf man
annehmen, dass die Urologen laut Gesetz auch darüber nicht aufklären müssen!
-
Beim vierten Punkt muss man mir und dem MAE (siehe
oben) einfach glauben. Er war zur Nachbehandlung bei einem anderen Urologen.
Drei Mal. Und jedes Mal habe dieser Urologe etwas anderes gesagt die Zahlen zum
Postvasektomieschmerzsyndrom betreffend. Das erste Mal habe er gesagt, bei ihm
hätten vier Prozent der Patienten dieses Problem, bei zwei Prozent lege es sich
nach einigen Monaten, ein Prozent davon greife zu Folgeoperationen, das andere
Prozent lebe einfach damit. Das zweite Mal sagte er, bei ihm hätte noch nie
jemand so ein Syndrom gehabt. Das dritte Mal sagte er, er habe sich
weiterbilden lassen in der Denervierungstechnik (= Nerven durchtrennen, damit
man den Schmerz nicht mehr spüren soll; gelingt öfter nicht), damit er seinen
Patienten, die dieses Syndrom nach einer Vasektomie bei ihm entwickelten, etwas
anbieten könne.
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Der Urologe, der in diesem Beitrag von SRF (Schweizer
Fernsehen; hier: https://www.srf.ch/play/tv/puls/video/vasektomie---nicht-immer-so-harmlos-wie-versprochen?id=866b9a06-7cb0-4c86-9aa2-529792afcb3f)
quasi offiziell (weil öffentlich) sagt, er habe noch keinen Fall gehabt, der
gross Schmerzen gehabt habe, hat dem MAE (siehe oben) gesagt (da muss man ihm
und mir auch einfach wieder glauben, aber immerhin gibt es in dieser Aufzählung
ja auch vier belegbare Punkte), sie hätten bei sich in der Klinik je nach Jahr
vier bis 13 Prozent der Vasektomierten, die ein Schmerzsyndrom entwickeln
würden. Welches Mal hat er wohl eher die Wahrheit gesagt (ausser er hätte es
wirklich verschieden im Kopf gehabt …)?
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In den EUROPÄISCHEN UROLOGIERICHTLINIEN heisst es, 1 bis
zu 14 Prozent der Männer entwickelten eine Schmerzsymptomatik. Warum weist in
der Schweiz keine offizielle Stelle darauf hin (siehe dazu wieder: https://www.srf.ch/play/tv/puls/video/vasektomie---nicht-immer-so-harmlos-wie-versprochen?id=866b9a06-7cb0-4c86-9aa2-529792afcb3f)?
Nicht direkt von
Urologen verursacht, denke ich, aber trotzdem ein seltsames Phänomen ist es,
wenn bei Wikipedia bereits am 11. September 2008 über die meisten schlimmen
möglichen Folgen einer Vasektomie geschrieben worden wäre (siehe:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vasektomie&diff=prev&oldid=49398444),
der ganze Teil aber von einem Metabenutzer gelöscht wurde, da er ihn «meines
Erachtens klar überzogen» (siehe: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vasektomie&diff=next&oldid=49398444)
fand. Was wiederum eine Folge der schlechten allgemeinen Aufklärung der
Bevölkerung über diesen Eingriff ist.
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