Samstag, 23. Juli 2022

AUFGRUND MEHRERER ANFRAGEN

In letzter Zeit sind vermehrt Anfragen darüber bei mir eingetroffen, ob eine Vasektomie zu Erektionsproblemen führen könne.
Man(n) muss da zwei Sachen unterscheiden:
1) Eines ist die evidenzbasierte Lage hinsichtlich der messbaren Werte etwa das Testosterongehaltes im Blut. Und hier ist es so: Eigentlich sollte eine Vasektomie - wie ich bereits geschrieben hatte - keine Auswirkungen auf die Testosteronproduktion und damit den Testosterongehalt im Blut haben. Allerdings finden Urologen neuerdings gerade bei vasektomierten Männern vermehrt zu tiefe Testosteronspiegel. Wissenschaftlich ist das an sich noch ein Rätsel. Es könnte aber sein, dass einige der vasektomierten Männer sich psychisch nicht gut fühlen, deshalb weniger Sport treiben oder sich ungesünder ernähren und deshalb tiefere Testosteron-Werte aufweisen. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Effekt also nicht, wenn auch kein Muss nach einer Vasektomie.
2) Es gibt einen nicht unbedeutenden Teil von vasektomierten Männern, die nach dem Eingriff schwere psychische Probleme haben: Sie empfinden sich nicht mehr als volle Männer, weil sie keine Spermien mehr im Sperma haben, oder es sind sogar - auch hiervon hatte ich schon berichtet - ihre Frauen, die ihren Partner plötzlich ablehnen, weil er ihnen nicht mehr ganz Mann dünkt. Bei den Männern kommt das Problem am ehesten bei jenen zum Tragen, die den Eingriff nicht aus persönlicher Überzeugung haben durchführen lassen, sondern etwa, weil ihre Partnerin sie dazu gedrängt hat.
Man berichtet aber auch von umgekehrten Fällen: Weil die Verhütung kein Problem mehr ist und ungewollte Schwangerschaften mit grosser Sicherheit ausgeschlossen, empfinden einige Paare den Sex nach der Unterbindung des Mannes (oder der Frau) als besser denn zuvor.

Doch bemängle ich auch hier vor allem die fehlende Aufklärungsarbeit der Urologen. An sich wären sie nach Schweizer Gesetz angehalten, alle Nebenwirkungen zu erwähnen, die bei mehr als 1 Prozent der Vasektomierten auftreten. Infolge verschiedenster Paragrafenreitereien können sie sich hier aber darum drücken! Denn es sind nach Studien deutlich mehr als 1 Prozent der Männer, die ihre Vasektomie bereuen, auch wenn sie keine körperlichen Schäden davontragen.
Wenn man(n) davon betroffen ist, kommen da also noch längere Zeit Sexual- oder Psychotherapien auf einen zu.
Deshalb ist es auch so wichtig, die Entscheidung für eine Operation in Ruhe abzuwägen und mit der Partnerin offen über die eigenen Bedenken und Ängste zu sprechen. (Und ich persönlich rate wegen des nicht wirklich abschätzbaren Risikos des POST-VASEKTOMIE-SCHMERZSYNDROMS von einer Vasektomie ab!)

Zur Forschungslage noch: Die psychischen Probleme nach einer Vasektomie werden im Feld der Urologie als nicht zu ihrem Fach gehörend oft verdrängt. Aber in psychiatrischen Kreisen rücken Sterilisationen, die als vermeintlich kleine Eingriffe gelten, immer wieder ins Blickfeld von psychosozialen und psychosexuellen Diskussionen.

Es hängen aber auch hier Untersuchungen teilweise von der Akzeptanz der Vasektomie in verschiedenen Ländern und Gesellschaften ab:
In den USA werden 10.300 Vasektomien pro Million Einwohner und Jahr durchgeführt, in Deutschland sind es 422 und in der Türkei lediglich 1,4. In Frankreich war die Sterilisation bis 2003 überhaupt verboten. - Und wo keine Patienten, da auch weniger bis keine Forschungen dazu.

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