Donnerstag, 22. April 2021

WEISSE TEUFEL

Einmal mehr in der Schweiz; einmal mehr kommt ein Arzt ohne Strafe davon; einmal mehr leidet ein Patient, was so nicht nötig gewesen wäre:
Eine junge Bernerin wollte Profigolferin werden. Fast jeden Tag trainierte sie. Allerdings gab es ein Hindernis: Die Peronealsehne am linken Fuss war verdickt und musste operativ behandelt werden. Zumindest riet ihr ein Arzt dazu. – Das wäre vermutlich auch alles noch in Ordnung gewesen. Aber entgegen seinem Wissen, dass die junge Frau Profigolferin werden wollte und ohne Absprache mit ihr nahm er zusätzlich noch einen zweiten Eingriff am Fuss vor. Die angehende Profigolferin bemerkte den ungewollten Eingriff nämlich kurz nach der Operation, da sie ihre Zehen nicht mehr richtig bewegen konnte. In der Tat wurden der Frau die Mittelgelenke der Zehen entfernt und durch kleine Prothesen ersetzt, welche die Zehen in Position halten sollten (eine Operation, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, da dabei die Mittelgelenke der Zehen entfernt werden). Die Frau hatte zwar sogenannte Hammerzehen, eine Fehlstellung, bei der ein Glied der Zehe wie ein Hammer zum Boden zeigt; das allein hätte sie aber vielleicht nicht behindert beim Golfspielen; sie spürte immer nur das Problem mit der Peronealsehne. Die Patientin beteuert nun, dass ihr von der Operation an den Zehen nichts gesagt wurde.
Deshalb zeigte sie den Arzt in der Folge wegen schwerer Körperverletzung an, da sie dem Eingriff an den Zehen «niemals zugestimmt» hätte. Laut der Klägerin habe der Arzt ihr gegenüber sogar eingeräumt, dass die Aufklärung über den zusätzlichen Eingriff im Arbeitsalltag untergegangen sei.
Vor dem Berner Obergericht wurde die Strafanzeige gegen den Arzt jedoch abgewiesen, wie ein kürzlich publizierter Entscheid zeigt. Dies, weil die Folgen des Eingriffs nicht schlimm genug seien, um eine schwere Körperverletzung zu sein. Eine Anzeige wegen leichter Körperverletzung ist hingegen nicht mehr möglich, weil die Antragsfrist von drei Monaten nach dem Vorfall längst verstrichen ist. Die Klägerin muss nun selbst für die Gerichtskosten von 1000 Franken aufkommen oder den Fall vors Bundesgericht ziehen. Und all das, obwohl der nachbehandelnde Arzt (man/frau will ja nicht mehr zu dem Arzt, der einem so misshandelt hat) zu Protokoll gibt, dass «eine Versteifung mit Blick auf das junge Alter der Patientin nicht angezeigt gewesen war».
Wir kennen die Muster: a) Der Arzt informiert nicht vollständig, was er alles operieren wird; b) er vergisst sogar, die möglichen Komplikationen zu erwähnen, wie auch noch ausgekommen ist (inzwischen ist eine der Prothesen im Fuss gebrochen!); c) vor der Patientin gibt er zu, dass er vergessen habe, sie richtig aufzuklären; d) vor Gericht aber lügt er dann und wird nicht zur Rechenschaft gezogen; e) die Patientin muss die Gerichtskosten selbst zahlen, während der Arzt durch seine Versicherung abgedeckt ist; f) der Arzt darf weiter praktizieren ...
Wann ändert sich endlich, dass diese wirklich schlampig arbeitenden Menschen als ‹Götter in Weiss› behandelt werden?!

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